Landtag-Online 01|2019
Paritätsgesetz, Brexit und der europäische Gedanke zum Wohl der Menschen – Interview mit Ministerpräsident Stephan Weil
Ein Beitrag von: Artland-Gymnasium Quakenbrück
Keiner von uns hatte damit gerechnet, dass wir Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) interviewen könnten.
Umso mehr freuten wir uns, dass er Zeit für uns hatte. Wir haben ihn zum Paritätsgesetz, zu den unwürdigen Arbeits- und Wohnbedingungen in der Schlachtindustrie, zu Zukunftstechnologien bei VW, zum Brexit und seiner neuen Initiative, „Niedersachsen für Europa“ befragt.

Anknüpfend an das am Donnerstag im Plenum diskutierte Paritätsgesetz interessierte uns, warum ausgerechnet der Ministerpräsident als Mann sich für dieses Gesetz stark macht. Die Sitzverteilung in deutschen Parlamenten liefere eine unbefriedigende Bilanz, so Weil. Die Bemühungen der Parteien, Politik für Frauen attraktiver zu machen, würden nicht ausreichen, um eine gleiche Anzahl von Frauen und Männern im Parlament gewährleisten zu können. „Man kommt nicht mehr drum herum, ein solches Gesetzgebungsverfahren anzugehen, aber zuvor müssen einige verfassungsrechtliche Fragen geprüft werden“, erklärte er.
Im Rahmen des ebenfalls debattierten Themas der menschenunwürdigen Arbeits- und Wohnverhältnisse in niedersächsischen Schlachthöfen, fragten wir nach, wie die Landesregierung gegen dieses Problem vorgehen will. Der Ministerpräsident machte hier deutlich, dass es auch Schlachthöfe mit guten Arbeitsbedingungen gebe. Er plane einen Besuch in solch einem Schlachthof. Das generelle Problem sei nur durch eine intensive Kontrolle der Höfe und landesweit gleiche Maßstäbe zu lösen.
Das im Plenum debattierte Thema der Feinstaubbelastungen veranlasste uns, nach zukünftigen Antriebstechnologien bei VW zu fragen, zumal das Image von E-Autos durch umweltbelastende Akkus angekratzt ist. Landesvater Weil, Aufsichtsratsmitglied von VW, erklärte, VW mache jetzt ernst damit, den gesamten Konzern umweltgerechter umzubauen. Er prognostizierte, dass man auf Dauer von fossilen Brennstoffen komplett wegkommen werde. Weil merkte an, dass dies nur funktioniere, wenn „Verkehrswende und Energiewende Hand in Hand gehen.“ Die Automobilbranche sei aber noch nicht am Ende der Motorenentwicklung angekommen. Es werde intensiv an Wasserstoffmotoren und anderen Technologien gearbeitet.

Beim Thema Brexit sieht der Ministerpräsident kaum mehr eine Chance, den Austritt Großbritanniens aus der EU noch zu verhindern. Er sieht den Brexit als „schlechten Traum“ und es „tut ihm in der Seele weh“, was für einen großen Fehler die Briten machen. Man müsse den Brexit als Lehre betrachten. Er zeige, wie wichtig es sei, dass junge Leute sich in die Politik einbringen müssen, damit so etwas in einem EU-Land nicht noch einmal passiere.
Mit der von Weil vergangenen Montag gestarteten Initiative „Niedersachsen für Europa“ wirbt er für Europa und für die Teilnahme an der Europawahl am 26. Mai dieses Jahres. Er halte es für sehr wichtig, dass niedersächsische Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme abgeben, denn Europa könne gegen die momentan entstehenden Machtblöcke der Welt nur vereint bestehen. Darüber hinaus wolle er auf die beachtlichen Vorteile der EU wie Reisefreiheit, den Euro als einheitliche Währung und besonders den langjährigen Frieden in Europa aufmerksam machen. Ein politisches Bewusstsein für den Wert der Europäischen Einigung sei eines der Hauptziele der Initiative. Damit versuche man, den „Anti-EU-Kräften“, die zurzeit überall in Europa aufkeimen, etwas entgegen zu halten.
Redakteurin: Amrei

erstellt am 25.01.2019