Landtag-Online 02|2019
Lautstarke Vorwurfskultur schleicht sich in den Plenarsaal
Ein Beitrag von: Waldschule Schwanewede (KGS)
Anstatt die Plenarsitzungen zum Einbringen für Verbesserungen zu nutzen, werden Finger erhoben und Vorwürfe in den Raum geworfen:
„Sie als Ministerpräsident sind verantwortlich für das Nicht-Handeln der Landesregierung”, beschuldigt die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Anja Piel Regierungschef Stephan Weil in der Klimaschutzdebatte. Auch die CDU wird wegen angeblicher Ahnungslosigkeit kritisiert, da sie das Klimagesetz als „Diktatur“ wahrnehmen würde. „Ihr habt in Bayern das Klimagesetz selbst abgelehnt”, wird aus der Fraktion der CDU gerufen. Und als der SPD-Abgeordnete Markus Bosse anschließend über ein gemeinsames Ziel mit unterschiedlichen Wegen im Umgang mit der Klimapolitik spricht, hört man von den Grünen wieder: “Ja, wir handeln, ihr redet!”

Auch wenn Stimme und Rhetorik, Gestik und Mimik in der Politik bekanntlich eine große Rolle spielen, erkennt man hier einen roten Faden, welcher sich durch die Reden der beteiligten Abgeordneten zieht: die Suche nach einem Schuldigen. Doch die Politiker kommen im Landtag nicht zusammen, um Detektiv zu spielen. Vielmehr will man die Zeit, welche immer wieder durch die mahnend klingenden Glocken der Landtagspräsidentin als kostbares Gut in Erinnerung gerufen wird, für praktische Lösungsvorschläge nutzen, anstatt minutenlang über die fehlenden Initiativen zu klagen.
Das Dilemma wird auch von der FDP aufgegriffen: Fraktionsvorsitzender Stefan Birkner äußert direkt, dass die Vorwürfe nichts bringen würden. Den Ansprüchen der jungen Leute, die sich aktiv für die Umwelt engagieren, würde man mit der “heutigen Debatte nicht gerecht werden”. Denn jeder versuche sich als moralisch besserer Mensch darzustellen, indem andere heruntergemacht werden. Die Frage ist: Kann eine Rede, wenn sie überzeugen soll, auch für sich selbst stehen oder werden Politiker eine Aufwertung ihrer Position nicht mehr ohne Abwertung anderer erzielen können?
Kommentar: Emilie
erstellt am 27.02.2019