Landtag-Online 02|2018
Ein Blick hinter die Kulissen des Landtags – Interview mit einem Saaldiener
Ein Beitrag von: Gymnasium Buxtehude Süd
Sie sind unscheinbar im Hintergrund und doch immer dabei und sorgen höflich, aber zurückhaltend für Ordnung: Die Saaldiener ...
... im Niedersächsischen Landtag kriegen wahrscheinlich mehr von den Plenarsitzungen mit als mancher Parlamentarier.
Wir haben mit dem Saaldiener Lutz Folprecht über seine Arbeit gesprochen.
Seit wann sind Sie Saaldiener?
Seit sechs Jahren.
Welche Voraussetzungen braucht man, um Saaldiener zu werden?
Man sollte auf jeden Fall gut mit Menschen umgehen können und am besten auch ein wenig respekteinflößend wirken. Höflichkeit und Zurückhaltung sind wichtige Eigenschaften, aber man muss auch Besucher und Abgeordnete bestimmt zurechtweisen können. Natürlich muss man auch die Verhaltensregeln kennen und die Sitzordnung. Besondere Voraussetzungen braucht man grundsätzlich nicht, aber man sollte Berufserfahrung in Bereichen mitbringen, bei denen man viel mit Menschen zu tun hat. Ich habe früher in der Personalabteilung eines großen Unternehmens gearbeitet und war leitender Angestellter im Einzelhandel. Daher hatte ich viel mit Menschen zu tun und habe ein Gefühl dafür, wie man mit Menschen spricht und umgeht.
Wie viele Saaldiener arbeiten im Niedersächsischen Landtag?
Derzeit arbeiten hier 20 Angestellte, und zwar genau gleich viele Männer wie Frauen.
Welche Aufgaben haben Sie als Saaldiener?
Unsere Hauptaufgabe besteht darin, für Ordnung und Sicherheit zu sorgen, zum Beispiel soll ich Besucher davon abhalten, sich über die Brüstung zu lehnen oder bestimmte Räume zu betreten. Wir sind auch dafür da, Ordnungsanweisungen der Landtagspräsidentin umzusetzen.
In welchen Bereichen im Landtag arbeiten Sie?
Ich persönlich arbeite nur auf der Tribüne, eine Kollegin arbeitet z.B. im Plenarsaal und sorgt dafür, dass die Redner mit genügend Wasser versorgt werden. Zwei andere Kollegen kontrollieren noch die Ausgänge und zwei weitere sind im Plenarsaal tätig und sorgen für Ordnung und Sicherheit unter den Parlamentariern, sodass insgesamt drei unten im Saal arbeiten.
Uns ist aufgefallen, dass alle weiblichen Saaldienerinnen ein blau-türkises Tuch tragen. Es gibt eine Kleiderordnung?
Ja, die gibt es. Die Männer sollen möglichst dunkelblau oder grau tragen und die Frauen dunkelblau oder schwarz, mit Kostüm, Rock oder Hose. Die Dienstkleidung besteht aus der Krawatte oder dem Tuch. Die Farbgebung richtet sich nach dem Geschmack des jeweiligen Landtagspräsidenten. Die derzeitige Uniform stammt vom letzten Landtagspräsidenten, mal sehen ob die neue Landtagspräsidentin Frau Dr. Andretta sie ändert.
Verfolgen Sie die Debatten eigentlich noch aktiv, wenn Sie auf der Tribüne sitzen, oder schalten Sie irgendwann ab?
Nein, ich verfolge die Debatten, weil sie mich auch persönlich interessieren.
Und wie lange dauert dann so ein typsicher Arbeitstag?
Genauso wie der der Abgeordneten, also von morgens um neun bis abends zwischen 19 und 20 Uhr, je nachdem wie lange die Plenarsitzungen dauern. Wir arbeiten auch nur an den Sitzungstagen. Viele Saaldiener sind Rentner, da man hier bis 67 arbeiten kann.
Was waren für Sie die spannendsten Erfahrungen mit den Politikern und den Zuschauern?
Da gibt es auf beiden Seiten Geschichten. Bei einer Debatte, in der es um Alkohol und Drogen ging, hat einmal ein Zuschauer versucht, Flugblätter ins Plenum zu werfen. Da musste ich natürlich sofort eingreifen. Ein Politiker hielt sich auch für so wichtig, dass er partout einen Sitzungssaal zum Telefonieren für sich haben wollte. Da muss man dann Fingerspitzengefühl haben und die Person herauskomplimentieren.
Hat sich über die vergangenen sechs Jahre die Atmosphäre und Arbeitsweise im Plenarsaal geändert?
Nein, das ist in den letzten Jahren sehr ähnlich geblieben.
Der Plenarsaal ist ja noch relativ neu. Was haben Sie für einen Eindruck vom neuen Landtag?
Er ist schön geworden, auf jeden Fall sehr hell und freundlich. Im alten Saal herrschte eher Bunkermentalität, alles war sehr eingeschachtelt. Der Besuchsbereich bestand quasi aus Sehschlitzen und hier ist alles offen, frei, mit viel Glas, jeder kann sehen was passiert.
Nachdem Sie hier so viele Sitzungen beobachten – überwiegt die Begeisterung oder Ernüchterung über die Politik?
Nein, eher die Begeisterung, wobei ich schon immer begeistert für Politik war. Schon früher habe ich mich im Betriebsrat engagiert und so ist die Begeisterung geblieben. Über manche Politiker hat man natürlich eine andere Einstellung, aber die Begeisterung wird bleiben.
Also ein Beruf aus Leidenschaft?
Ja, interessehalber und aus Leidenschaft. Man kommt ja auch mit den Politikern ins Gespräch und trifft sich mal auf den Gängen für ein bisschen Smalltalk. Insgesamt herrscht hier eine sehr angenehme Atmosphäre.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Folprecht.
Redakteure: Larissa und Nils
erstellt am 28.02.2018