Landtag-Online 02|2018
Genug Zeit und Geld für Bildung – ein Interview mit Ministerpräsident Weil
Ein Beitrag von: Gymnasium Buxtehude Süd
Eins von vielen Wahlversprechen der SPD und CDU im vergangenen Wahlkampf war, dass die Kitas ab dem 01. August 2018 gebührenfrei sein sollen.
Laut Weil sei dies „gut machbar“. Dadurch, dass das dritte Kita-Jahr schon seit langem in Niedersachsen beitragsfrei ist, habe das Land bereits Erfahrungen gesammelt und fange somit nicht bei Null an. Die derzeit noch offene finanzielle Frage, inwieweit das Land den Kommunen die anfallenden Kosten erstatten wird, bleibt für Weil ein nachrangiger Gesichtspunkt. Dennoch hoffe er auf schnelle Verhandlungen, in denen sich die Parteien, trotz vieler Kontroversen, einig werden. In erster Linie stehe für Weil „die Entlastung der Familien“ im Vordergrund.
Es bleibt die Frage, inwiefern diese Entlastung der Familien sich als sozial gerecht bezeichnen lässt. Bisher waren Kitabeiträge einkommensbezogen gestaffelt. Doppelverdiener mit einem guten Einkommen belaste der zu zahlende Kitabeitrag nicht sehr stark. Für Geringverdiener allerdings, „war der Kitabeitrag wirklich eine echte Last“. Grundsätzlich geht es dem Ministerpräsidenten jedoch darum, dass jedes Kind gleich viel wert sein sollte.
Des Weiteren bestehe ein großes Interesse darin, dass alle Kinder möglichst früh in das Bildungssystem aufgenommen werden. Dies gilt insbesondere für Familien, bei denen eine Förderung besonders notwendig sei. In Weils Zeit als Oberbürgermeister von Hannover habe er viele Stimmen von Eltern gehört, die ihre Kinder, aufgrund ihrer finanziellen Situation und den zu hohen Beitragszahlungen, nicht in einer Kita angemeldet hätten. Dies verdeutlicht, wie dringlich eine Lösung für die Familien gefunden werden muss.
Die in den letzten Monaten aufgekommene Frage, ob Schule weiterhin Ländersache bleiben sollte, beschäftigt auch unsere Redaktion persönlich. Es werden immer wieder Rufe nach einem bundesweiten Zentralabitur laut, auch aufgrund der gravierenden Unterschiede zwischen den Bundesländern bezüglich des Numerus Clausus. Aus Sicht von Stephan Weil bestehe kein Handlungsbedarf in Hinblick auf die unterschiedlichen Abiturprüfungen und dem stark voneinander abweichenden Abiturdurchschnitt. Weder werfe das bestehende Schulsystem Deutschland zurück, noch bestünden Nachteile für die Abiturienten und Abiturientinnen.
Bei einer möglichen Veränderung des Schulwesens würde er dem Kultusministerium nicht im Wege stehen. Niedersachsen hat eine der schlechtesten Abiturdurchschnittsnoten, dennoch liege dies nicht an den Schülern, sie bekämen lediglich die schlechteren Zensuren. Zu erklären sei dies dadurch, dass die niedersächsische Lehrerschaft das Abitur stets mit einer entsprechenden Leistung verknüpfe und somit auch strenger agiere als in anderen Bundesländern. Als unfair empfindet Weil diese Unterschiede trotzdem nicht, auch in Bezug auf die teilweise noch sehr stark vom Numerus Clausus abhängigen Studiengänge, wie beispielsweise das Medizinstudium. Die derzeit sehr ausgeprägten Bestrebungen weg von einer reinen Notenorientierung seien richtig, denn „es ist überhaupt nicht gesagt, dass die besten Ärzte und Ärztinnen gleichzeitig einen 1,0 Schnitt (…) im Abitur haben müssen.“ Andere Qualitäten seien in den Vordergrund zu stellen.
Eine weitere Frage bezog sich auf die Umstellung von G9 auf G8 und wieder zurück auf G9, oder auch „rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln – muss das sein?“ 2015 wurde im Niedersächsischen Landtag der Beschluss gefasst, G9 wieder einzuführen. Dieser mehrjährige Prozess soll nun 2020/21 wirksam werden. Bildungspolitik sei grundsätzlich ein strittiges Thema, umso erstaunlicher sei es, dass die Wiedereinführung von G9 einstimmig war. Ein klarer Ausdruck für die verbreitete Meinung „das (G8) war keine gute Idee“. G8 habe viel Stress sowohl für Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler als auch für die Familien gebracht. Der Eindruck vieler Eltern, ihre Kinder würden mehr arbeiten als sie selbst, sei nicht akzeptabel und dem sei entgegen zu steuern.
Aufgrund seiner persönlichen Erfahrung unterstützt Weil G9, insbesondere das elfte Schuljahr biete vielen Schülerinnen und Schülern eine Chance der persönlichen Entwicklung, dies beträfe insbesondere auch die unabdingbare Wiederholung und Vertiefung des Gelernten. Insgesamt „muss genug Zeit sein für Bildung, (…), wie viel Zeit das ist, ist nicht das Entscheidende“. Weil betont, dass das Ergebnis zähle und der Weg dahin nur ein Teil des Prozesses ist.
Redakteurin: Laura
erstellt am 01.03.2018